South Lake Tahoe, California

Das war nicht der Plan. Nachdem uns in Bend, Oregon der Herbst eingeholt hat, hatten wir uns schnell auf den Weg Richtung Süden gemacht, um den Sommer zu suchen. Dummerweise haben wir den Winter gefunden. Mit einem Schneesturm begrüßte uns die Kaltwetter-Front am Mittwoch-Abend am Nordende des Lake Tahoes mitten in der Sierra Nevada. Am nächsten Morgen waren die umliegenden Höhenzüge mit Schnee bedeckt. Temperaturen um den Gefrierpunkt und dicke Wolken sorgen dafür, dass wir unsere geplante Tour auf dem „Tahoe Rim Trail“ abblasen. Dieser Rundwanderweg führt auf insgesamt 270 Kilometern auf den Bergen um den See herum. Der Abschnitt den wir fahren wollten ist nur an geraden Kalendertagen für Mountainbiker geöffnet.

Wir fahren weiter Richtung Süden und kommen schnell in South Lake Tahoe an. Dort finden wir wärmende Sonnenstrahlen und einen wolkenfreien Himmel. Der lokale Bike Shop bestätigte uns, dass “Mr. Toad’s Wild Ride” schneefrei sei. Diese Kombination führt dazu, dass wir am Nachmittag doch noch aufs Rad steigen. Über einen anderen Abschnitt des „Tahoe Rim Trails“ erreichen wir den Traileinstieg von „Mr. Toad’s Wild Ride“. Dieser liegt auf knapp 3.000 Metern. Bis hierhin war der Trail meist in der Sonne und tatsächlich schneefrei. Es folgt eine spaßige und im oberen Teil echt technische Abfahrt. Diese liegt allerdings auf der Nordseite des Berges. Der Trail liegt unter eine geschlossenen Schneedecke. Sonne gibt es auf dieser Seite des Berges auch nicht – das bedeutet frostige Temperaturen. Glücklicherweise sind schon einige (sehr wahrscheinlich lokale) Biker vor uns hier gewesen. Ohne ihre Reifenspuren im Schnee wäre es ganz schön schwierig gewesen den Weg zu finden. Am Auto angekommen drehen wir die Heizung auf Vollgas und tauen unsere Füße auf. Das war – im wahrsten Sinne des Wortes – eine echt coole und unvergessliche Schneeausfahrt mitten im Sommer.

Am nächsten Morgen treffen wir Darrel und Jen zum Frühstück in Ernie’s Coffee Shop. Vor zwei Monaten hatten wir beide in Durango, Colorado kennengelernt. Nun sehen wir uns am Lake Tahoe wieder, wo sie gemeinsam mit Freunden aus San Francisco ein langes Bike-Wochenende verbringen. Vor lauter plaudern kommen wir gar nicht zur Frückstücks-Auswahl. Nachdem sie uns in ihr Ferienhaus einladen, beschließen wir kurzer Hand doch noch ein paar Tage länger hier zu bleiben.

Bend, Oregon

Mit rund 80.000 Einwohnern ist Bend eher ein richtig großer Ort. Wir finden in Downtown den ersten Bikeshop und holen uns neben den obligatorischen Trail Tipps noch eine Empfehlung zum Frühstücken. Auf dem Weg dahin stolpern wir über ein etwas kleingeratenes „Oktoberfest“ (kleiner als unsere Straße in Mühlhausen). Wir verbringen den Tag in der Stadt beim Bummeln. Am nächsten Morgen ist nun auch der Herbst in Oregon angekommen. Wir müssen vor dem Aufstehen erstmals die Heizung im Auto anmachen und packen die langen Bikeklamotten aus. Die Trails sind hier ganz anders: staubtrocken und sandig. Das gefällt uns. Doch nach 12 Wochen mit durchgehend schweißtreibenden Temperaturen fühlen sich 10°C mit Wind (und später auch noch Regen) ziemlich ungemütlich an. 


Back in the USA and straight to „The Beaver State“ Oregon

Wie reisen wieder in die USA ein. Diesmal mit der Fähre von Vancouver Island nach Port Angeles. Unsere größte Sorge ist, dass der Zoll die leckeren Kekse (die wir von Horst und seiner Frau auf Hornby Island bekommen haben) einkassiert. Aber wir haben Glück, die Einreise verläuft ziemlich lässig. Unser Weg führt uns durch den Bundesstaat Washington weiter nach Oregon in die Cascade Mountains.


Der erste Stop ist Oakridge, ein sehr kleiner verschlafener Ort der bei der ersten Durchfahrt etwas unsympatisch wirkt. Erst auf den zweiten Blick, nachdem wir eine weltklasse Bäckerei entdeckt haben, finden wir ihn sympatisch. Das „Scambled Egg“ Frühstück und die Käse-Bagels waren einfach klasse!

Der „Alpine Trail“ ist ein Oakridge Klassiker. Nach einem sehr wolkigen Vormittag kommt auch wieder die Sonne raus. Pünklich zum Start der Tour ist es dann wieder super heiß.

Zunächst schlängelt sich der Weg immer am Fluß entlang. Der darauffolgende Anstieg auf einer Forststraße dauert (gefühlt) eine halbe Ewigkeit. Am Traileinstieg angekommen, beginnt nach ein paar weiteren kurzen Uphill-Passagen die schnelle kurvenreiche Trail-Abfahrt vorbei an unzähligen alten dicken Bäumen.

Unser zweiter Stop gilt dem zweiten Klassiker der Region: dem McKenzie River Trail. Entgegen der Prognosen gibt es doch nochmal einen sonnigen Tag. Wir buchen kurzfristig ein Shuttle, das uns zum Einstieg des Trails bringt. Während unserer Reise wurde uns dieser Trail immer wieder als „Must-do-ride“ in Oregon empfohlen. Auf den insgesamt 42 Kilometern führt er immer am McKenzier River entlang, zuächst sehr technisch über Lava-Gestein vorbei am Clear Lake und den Sahalie Falls. Nach einem eher unspektakulären Teil folgen wieder super schnelle spaßige Passagen. 


Viele Fähren führen nach …

… Vancouver Island.

Trotz durchwachsener Wetterprognose entscheiden wir uns für die Insel vor der Westküste Kanadas. Wir wählen den Weg über die „Sunshine Coast“ – und tatsächlich erhaschen wir hier ein paar Sonnenstrahlen. Nach 2 Fährfahrten erreichen wir Powell River. Sowohl bei unserer Ankunft als auch am nächsten Morgen versinkt der Ort im Nebel. Von hieraus geht es mit Fähre Nummer 3 nach Comox auf Vancouver Island. Hier erleben wir etwas Neues. Das erste Mal auf unserer Reise regnet es den ganzen Tag lang. Am nächsten Morgen sieht es nicht viel besser aus. Trotzdem besorgen wir uns im Bikeshop in Cumberland eine Bikemap. Hier wird uns der neue „Furtherburger“ Trail wärmstens empfohlen. Im Anschluß folgen weitere Trails, die nicht ganz einfach sein sollen. Das klingt schonmal vielversprechend. Die Sonne hat sich derweil wohl für einen zweiten Ruhetag in Folge entschlossen. Immerhin erwischen wir ein trockenes Fenster ohne das wir wohl niemals losgeradelt wären. Nach nur zehn Minuten fängt es wieder an zu regnen. Nicht ganz unerwartet verbringen wir die nächsten 3 Stunden im Regen. Als bekennende Schönwetter-Fahrer stellen wir fest, dass es gar nicht so schlimm ist. Und immerhin hält der Trail was er verspricht.

Noch mehr Fähren führen nach Hornby Island.

Zwei weitere Fährfahrten und wir sind auf Hornby Island angekommen. Eine kleine Insel mit einer Straße und ca. 600 Einwohnern, davon viele Künstler. Den traumhaft schönen weißen Stränden verdankt die Insel ihren Spitznamen „Little Hawaii“. In den Sommermonaten verwandelt sich die kleine Insel in ein Urlaubsparadis, obwohl es keine Hotels und nur wenig Campingplätze gibt. Viele Einheimische vermieten ihre Häuser. Sie verreisen oder wohnen in dieser Zeit im Zelt. Und wie soll es anders sein, wimmelt die Insel nur von Mountainbike-Trails. Ein ziemlich dichtes Netz an verdammt flowigen Trails – einfach nur „sweet“. Bevor wir losfahren, treffen wir Horst und seine Frau. Unser Stuttgarter Kennzeichen ist ihm sofort ins Auge gesprungen. Horst ist aus Stuttgart, wohnt aber mittlerweile seit 45 Jahren in Kanada. Die beiden laden uns zum Tee ein. Nach unserer Tour nehmen wir die Einladung an. Und irgendwie scheinen sie zu ahnen, dass wir “Cookies” mögen. Es gibt Schwarztee mit selbst gemachten Keksen – sehr lecker! Wir plaudern solange bis wir los müssen, um die letzte Fähre zurück nach Denman Island und Vancouver Island zu bekommen. Beim Verabschieden drücken sie uns noch eine volle Tüte mit den selbst gemachten Keksen in die Hand.

Vancouver North Shore

Wir fühlen uns wie im Regenwald: dicke Bäume, riesige Farne und tiefgrünes Moos soweit das Auge reicht. Bereits vor Jahrzehnten entstand in diesem Dschungel ein Paradis für Mountainbike Enthusiasten. Wir sind in North Vancouver, genauer am Mt Fromme und Mt Seymour. 

Sogar in der Bikemap ist markiert, welche Wege auch bei nassem Wetter fahrbar sind (“Wet weather approved!”). Das ist kein gutes Zeichen. Trockene Trails sind hier Mangelware. Doch es gibt sie doch. Unseren ersten Tag verbringen wir bei Traumwetter am Mt Seymour. Nach ein paar Uphill-Kilometern beginnt das “North Shore”-Abenteuer mit dem “CBC” Trail.

Der zweite Tag beginnt mit typischem Vancouver Wetter. Die Berge im Norden der Stadt sind in dicken Wolken eingepackt. Aber es ist immerhin trocken. Während wir den Mt Fromme zum Einstieg von “Ladies Only” hoch radeln, schafft es die Sonne doch noch ab und zu durch die Wolken.